DMITRI DMITRIJEWITSCH SCHOSTAKOWITSCH

Dmitri Shostakovich wurde 1906 in St. Petersburg geboren. Die Zeit der russischen Zaren neigte sich dem Ende, in der Bevölkerung rumorte es. Die Revolution 1917 erlebte Shostakovich als Elfjähriger – er komponierte sogar einen „Trauermarsch für die Opfer der Revolution“. Und tatsächlich war der junge Shostakovich auch musikalisch ein Revoluzzer. Am Konservatorium machte er schnell auf sich aufmerksam und irritierte seine Lehrer: „Ich finde seine Musik schrecklich. Es ist das erste Mal, dass ich die Musik nicht höre, wenn ich die Partitur lese. Aber das ist unwichtig. Die Zukunft gehört nicht mir, sondern diesem Jungen“, sagte der altehrwürdige Konservatoriumsdirektor Alexander Glasunow über Shostakovich.

Wie Russland die Monarchie hinter sich ließ, so überwand auch Shostakovich bald die musikalische Spätromantik. Er experimentierte am Beginn seiner Komponistenkarriere mit Elementen der Avantgarde wie etwa dem Futurismus und der Atonalität, fand aber schnell zu seinem eigenen Stil, einer individuellen Mischung aus Konvention und Revolution, solidem Handwerk und fantasievollen Rhythmen, traditionellen Formideen und moderner Harmonik und Melodik. Zeitweise unternahm er sogar Ausflüge in die Welt des Jazz. Shostakovich war ein ausgesprochen schneller und produktiver Komponist. Aus seiner Feder stammen u.a. 15 Sinfonien – er gilt als einer der wichtigsten Sinfoniker des 20. Jahrhunderts – und ebenso viele Streichquartette, zwei vollendete Opern, eine Operette, drei Ballette, Konzerte, Klavier- und Kammermusik und sogar eine ganze Reihe von Filmmusiken.

Dieses enorme Arbeitspensum und auch der politische Druck, unter dem er als Künstler in der Sowjetunion stand, belasteten ihn sehr. Zwar galt er international als Vorzeige-Komponist des sozialistischen Regimes, jedoch wechselte die Haltung der sowjetischen Führung gegenüber Shostakovich fortwährend: Mal galt Shostakovich, der sich weigerte seine russische Heimat ins Exil zu verlassen, als systemkonform, mal als unvereinbar mit dem sozialistischen Realismus. Das alles hinterließ bei seiner ohnehin eher schwachen Gesundheit deutliche Spuren. Schon seit dem Teenager-Alter litt Shostakovich an Tuberkulose, hinzu kam später eine chronische Rückenmarksentzündung, offenbar kompatibel mit Amyotropher Lateralsklerose (siehe Pascuzzi et al., 1999 und Kalapatapu et al., 2010). Nach einem Beinbruch 1967 blieb Shostakovich die restlichen Jahre seines Lebens gehbehindert. Er starb 1975 in einem Moskauer Krankenhaus.

Autor: Stefan Fuchs