EUGÈNE YSAŸE

Jacques Thibaud - erste Geige, Fritz Kreisler - zweite Geige, Pablo Casals - Violoncello, Anton Rubinstein - Klavier: Dies waren die kammermusikalischen Protagonisten eines ganz normalen Abends im Hause Ysaÿe.  Der charismatische Eugène,

- geboren in 1858 als Sohn eines Geigers und Dirigenten, Konzertmeister des Benjamin Bilse-Orchesters (der späteren Berliner Philharmoniker),
- Komponist und selber Geigenlehrer (unter anderem von Josef Gingold),
- wichtigster Repräsentant der großen franko-belgischen Violinschule,

spielte an diesem Abend: die Bratsche…

Als Geigen-Solist war Ysaÿe der vielleicht legendärste Geiger nach Paganini, und er war berühmt für seine hervorragenden Kontakte: zu César Franck, Claude Debussy, Ernest Chausson, Guillaume Lekeu, Franz Liszt, Clara Schumann. Die sechs Violinsonaten des Komponisten Ysaÿe, gewidmet seinen berühmten Kollegen Szigeti, Thibaud, Enescu, Kreisler, Crickboom und Losada, gehören bis heute zur Standardliteratur für französische Geiger.

«On mangeait bien chez lui» - “gut gegessen wurde im Hause Ysaÿe“ - so berichteten die Künstler seines Umfeld. Daher ist es wohl nicht verwunderlich, dass der schwergewichtige Diabetiker aufgrund einer Durchblutungsstörung im Alter von etwas über 70 Jahren seinen Fuß verlor und sich bereits in den Jahren davor aufgrund von Bogenzittern mehr dem Dirigieren widmete als dem Geigen. Ysaÿe war unter anderem Chefdirigent des Cincinatti Orchestra, von 1918 bis 1922, und soll in dieser Position die 9. Symphonie von Anton Bruckner in einer Version von Franz Schalk ausgeführt haben, was bemerkenswert ist.

«Ces messieurs sont avec moi» - “diese Herren sind mit mir“ - soll  Ysaÿe bei einer Aufführung des Tristan gesagt haben, um einer Gruppe seiner berühmten Freunde ohne Eintrittskarte freien Einlass in die Oper zu verschaffen. Wer hätte gewagt ihm zu widersprechen?